HADRIANSWALL – EIN KURZER ÜBERBLICK
Der Hadrianswall, der seit 1987 zum Weltkulturerbe gehört, ist eine beeindruckende technische Meisterleistung. Er ist die bekannteste und am besten erhaltene Grenzanlage des Römischen Reiches. Als Hadrians Soldaten sie zu errichten begannen, sahen sie sich mit einer unbarmherzigen und abwechslungsreichen Landschaft konfrontiert, die es zu kontrollieren galt. Sie ließen sich weder von den schnellen Strömungen reißender Flüsse, dem harten Gestein des Whin Sill, noch den kilometerlangen sanften Hügeln aufhalten. Der Hadrianswall ist das beeindruckendste und bedeutendste römische Monument Großbritanniens und ist zusammen mit dem Antoninuswall und dem Obergermanisch-Raetischen Limes Teil des transnationalen UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“.
WANN WURDE DER HADRIANSWALL ERRICHTET?
Als Hadrian 117 n. Chr. römischer Kaiser wurde, machte er sich daran, das Reich zu sichern, indem er die römischen Gebiete von denen der Barbaren zu trennen. Das spektakulärste Beispiel dafür ist die große Mauer, die er von seinem Heer errichten ließ, um die nordwestliche Grenze des Römischen Reiches abzugrenzen. Es handelte sich um ein gigantisches Bauwerk, das er im Jahr 122 n. Chr. besichtigte, während die Arbeiten im Gange waren. Die Mauer erstreckte sich über knapp 117 km von Wallsend im Osten bis zum Solway Firth im Westen. Obwohl die Mauer selbst am Solway Firth endete, setzten sich ihre Kastelle, Milecastles und Türme entlang der Küste von Cumbria bis Maryport Kastell, und weitere Kastelle markierten die Strecke bis Ravenglass.
WARUM WURDE DER WALL GEBAUT?
Hadrian besuchte Britannien im Jahr 122 n. Chr. und war laut seiner zwei Jahrhunderte später erschienenen Biographie in der Historia Augusta,, „der erste, der einen 80 Meilen lange Mauer von Meer zu Meer baute, um die Römer von den Barbaren zu trennen“.
Eine Funktion, wahrscheinlich die Hauptfunktion der Befestigung, war also die Grenzkontrolle, genau wie bei modernen Grenzsperren. Aus den Ausführungen über andere Grenzen geht hervor, dass man das römische Reich nur an bestimmten Punkten betreten und es nur unbewaffnet und mit Militäreskorte auf dem Weg zu bestimmten Märkten oder anderen Orten bereisen durfte . Der Wall konnte auch dazu beitragen, Überfälle zu verhindern, die bekanntlich an allen Grenzen vorkamen. Der Zweck der Hilfstruppen, die im Grenzgebiet stationiert waren, war ein ganz anderer: Sie sollten zur militärischen Verteidigung sowie dem Schutz und der Kontrolle der Provinzbewohner beitragen. Die Positionierung von Kastellen entlang der Grenzlinie verdeckte den Unterschied zwischen diesen beiden Funktionen. Eine Analyse der Lage der Befestigungsanlagen in der Landschaft zeigt, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung nicht immer an der topografisch günstigsten Stelle errichtet wurden.
Man kann auch davon ausgehen, dass die Befestigungen nur einen Teil eines umfassenderen Systems der Grenzkontrolle ausmachten. So sind in vielen Kastellen entlang der Hadrianswalls Reiter bezeugt. Diese Soldaten als Grenzwächter einzusetzen, hätte eine Verschwendung ihrer Fähigkeiten bedeutet; es ist wahrscheinlicher, dass sie das Gebiet im Norden überwachten. Aus späterer Zeit sind Spähtrupps nördlich der Mauer sind ebenso belegt wie Verträge zwischen den Römern und ihren nördlichen Nachbarn.
WIE WURDE DER HADRIANSWALL GEBAUT?
Man nimmt an, dass Soldaten dreier Legionen aus dem Britannischen Heer etwa sechs Jahre brauchten, um das Befestigungssystem fertigzustellen. Jede Legion war etwa 5.000 Mann stark. Die Legionäre waren für die großen Bauaufgaben wie den Bau von Steinfestungen und Brücken zuständig. Als zusätzliche Arbeitskräfte wurden möglicherweise Hilfstruppensoldaten aus Auxiliareinheiten herangezogen, die ursprünglich aus verbündeten und eroberten Stämmen stammten und die Legionen im Kampf unterstützten und die Grenzbefestigungen bemannten.
BAU DES HADRIANSWALLS
- Die ersten Arbeiten am Hadrianswall
Der Bau des Hadrianswalls war ein komplizierter Prozess, der mehrere Planänderungen. Der erste Plan beinhaltete eine Steinmauer von 10 römischen Fuß (3 m) Breite vom Fluss Tyne westwärts über 72 km bis zum Fluss Irthing und einen Erdwall aus torfhaltigen Rasensoden von 20 römischen Fuß (6 m) Breite für die westlichen 45 km vom Irthing bis zur Solway-Mündung. Die Erbauer machten sich die örtlichen topografischen Gegebenheiten zunutze. Der bekannteste zentrale Abschnitt, der eigentlich nur etwa 20 km lang war, verlief entlang der Klippen der sogenannten Crags, im Osten aber lag die Mauer auf einem langen Höhenzug, der nach Osten bis nach Newcastle verlief, während er im Westen oft auf kürzeren Bergrücken lag, die in der Regel alle einen weiten Blick nach Norden ermöglichten.
Die Steinmauer war wahrscheinlich auf eine Höhe von 15 römischen Fuß (4,4 m) hinausgelegt. Sie bestand aus behauenen Verblendsteinen mit weichem Mörtel und einem Kern aus Erde oder Lehm mit Steinen. zudem deuten einige Hinweise darauf hin, dass es entlang der Oberseite einen Mauerweg und eine Brüstung gab.
Vor der Mauer lag eine Berme, die normalerweise etwa 20 römische Fuß (6 m) breit war. An einigen Stellen auf den östlichen 17,5 km der Mauer wurden in der Böschung Gruben gefunden. Zumindest in einem Bereich, in dem drei Reihen von Gruben hintereinander lagen, enthielt jede Grube zwei kräftige Pfosten, vielleicht gefällte und entastete Baumstämme, die an den Enden angespitzt waren. In einem Bereich wurden die Gruben ausgebessert. Jenseits der Berme verlief ein Graben, der sich über die gesamte Länge der Mauer erstreckte, mit Ausnahme der Stellen, an denen er aufgrund von Felsen oder ähnlichen Merkmalen überflüssig war. Er war wahrscheinlich auf eine Breite von 30 römischen Fuß (9 m) angelegt. Das Material aus dem Aushub wurde nach Norden abgekippt, um einen breiten, niedrigen Damm zu bilden.
An jeder Meile entlang der Mauer befand sich ein Tor, das von einer kleinen Festung, einem sogenannten Milecastle, geschützt wurde. Die Milecastles waren entlang der Steinmauer aus Stein und auf dem Abschnitt mit dem Erdwall in Holz- Erde-Bauweise errichtet. Die meisten der ausgegrabenen Milecastles beherbergten ein Gebäude, vermutlich einen Barackenblock, ausgelegt wahrscheinlich für etwa 8 Männer. Zwei Milecastles scheinen zwei doppelt so große Innenbauten enthalten zu haben, was auf eine größere Garnison schließen lässt. Einige Milecastles enthielten Feuerstellen und einen Ofen, und in einem weiteren wurde eine Treppe gefunden, die zur Umwehrung führte.
Zwischen jedem Paar von Milecastles lagen je zwei steinerne Türme, Eine Plattform im Erdgeschoss diente vermutlich als Basis für eine Treppe oder, weniger wahrscheinlich, für eine Leiter. Der Hauptzweck der in den Türmen stationierten Soldaten war vermutlich die Beobachtung, und daher sollte sich auch über dem Nordtor jedes Milecastles ein Turm befinden. Die Platzierung der Tür im Erdgeschoss des Turms deutet darauf hin, dass ein gesicherter Zugang kein wichtiges Anliegen war.
- Die zweite Phase
Der erste Plan für den Hadrianswall war noch nicht fertigumgesetzt, bevor eine wichtige Änderung vorgenommen wurde. In Abständen von je etwa 11,2 km wurden ein Kastell an der Mauer errichtet. Offenbar wollte man die Kastelle, wo immer es möglich war, derart in die Wallanlage integrieren, dass drei Tore nördlich der linearen Befestigung und einem Tor im Süden davon lagen. Außerdem waren alle diese Tore ungewöhnlicherweise doppelflügelig, wobei das hintere Tor um zwei einflügelige Seitentore ergänzt wurde. Durch diese Anordnung wurde die Mobilität der Armee im Grenzgebiet verbessert. Diese Entscheidung zur Anlage von Kastellen wurde nicht leichtfertig getroffen, denn sie erforderte den Abriss von Mauerabschnitten, Türmen und sogar einer Milecastle, die bereits errichtet worden waren, sowie die Zuschüttung von Grabenabschnitten, während zahlreiche Kastelle in Wales und Nordbritannien aufgegeben wurden, um Truppen für die neuen Anlagen an der Mauer selbst bereitzustellen.
Etwa zur gleichen Zeit wurde eine weitere bedeutende Veränderung vorgenommen, nämlich die Errichtung eines großen Erdwalls, der seit der Zeit des Beda Verabilis, der um 730 schrieb, als Vallum bekannt ist und der hinter der Mauer von Newcastle nach Bowness-on-Solway lag. Er bestand aus einem zentralen Graben mit einem auf jeder Seite zurückgesetzten Damm. Er bildete ein gewaltiges Hindernis und sollte vielleicht als römisches Äquivalent zum Stacheldraht betrachtet werden, der den rückwärtigen Teil des Grenzbefestigungen bildete. Das Überschreiten der Grenze war nur noch an einem Kastell möglich, dessen Zugang über einen Damm, von einem Tor überragt wurde. Die Zahl der Punkte, an denen die Grenze überquert werden konnte, wurde von etwa 80 auf etwa 16 reduziert.
Weitere Veränderungen an der Mauer hatten einen anderen Charakter. Die Breite der Mauer wurde von 10 römischen Fuß (3 m) auf manchmal nur noch 6 Fuß (1,8 m) reduziert. Auch das handwerkliche Niveau sank deutlich, und die späteren Bauwerke wurden wesentlich weniger sorgfältig ausgeführt als die früheren. Es ist schwer zu sagen, wann der Hadrianswall fertiggestellt wurde. Eine Inschrift legt nahe, dass ein Kastell erst nach 128 n. Chr. fertiggestellt wurde. Fast zehn Jahre später wurde das Kastell in Carvoran repariert oder wiederaufgebaut, obwohl es sich nicht um ein normales Kastell des Wallgefüges handelte. Ebenfalls vor dem Ende der Herrschaft Hadrians wurde damit begonnen, den Erdwalldurch eine Steinmauer zu ersetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt erst 8 km gebaut worden waren.
WIE SAH DIE FERTIGE MAUER AUS?
Nach seinem Bau verfügte der Hadrianswall über 80 Milecastles, zahlreiche Wachtürme und 17 größere Kastelle. Zwischen den Milecastles befanden sich auf jedem Mauerabschnitt zwei Türme, so dass sich alle drei Kilometer ein Beobachtungspunkt befand. Die hauptsächlich in Form einer Steinmauer und teilweise als Erdwall errichtete Grenzbefestigung war an manchen Stellen sechs Meter hoch und bis zu drei Meter tief. Entlang der gesamten Südseite der Mauer wurde ein tiefer Graben, das so genannte Vallum, ausgehoben, wenn es keinen Fluss oder Felsen gab, der zusätzlichen Schutz bot. In einigen Gebieten wurde das Vallum in den massiven Fels geschlagen.
WIE WAR DAS LEBEN AUF DER HADRIANSWALL?
Rund 300 Jahre lang war der Hadrianswall eine aktive militärische Zone mit Truppenverbänden der Infanterie oder Reiterei aus den Auxiliartruppen, die jedes Kastell bemannten. Es wird angenommen, dass die Einheiten 500 oder 1000 Mann stark waren. Jede Einheit wurde von Zivilsiedlungen (Vici) umgeben, obwohl nur wenig über diese Gemeinden bekannt ist und es ihnen nicht gestattet war, sich zwischen der Mauer und dem Graben (oder Vallum), der entlang der Mauer verlief, niederzulassen. Diese Ansiedlungen versorgten die Soldaten mit lokalen Produkten und Waren aus dem ganzen Reich, so dass sich für die Soldaten, die ihren Sold ausgeben konnten, ein gewisses Maß an opulentem Leben bot.
Als Rom Britannien aufgab, wurden die Steine des Mauerwerks der Grenzanlagen für den Bau von Häusern und anderen Gebäuden wiederverwendet.
WAS IST HEUTE SICHTBAR?
Besucher können immer noch den Hadrianswall entlangstreifen, der in vielen Bereichen noch obergärig sichtbar ist. Das Kastell Housesteads ist eine der am besten erhaltenen Befestigungsanlagen des Walls. Dort sind noch die Fundamente eines Lazaretts, einer Kaserne und einer Toilette mit Wasserspülung zu sehen. In Heddon-on-the-Wall hat sich noch ein großes Stück der Grenze erhalten, die nach Osten in Richtung der geschäftigen Stadt Newcastle führt. Gleichzeitig haben dort außerdem die Ruinen der römischen Brücke überdauert, die den Mauerverlauf über den Fluss Irthing führte .
Weitere Informationen finden Sie unter: https://hadrianswallcountry.co.uk